NAG fordert die Ausweitung angestellter Versicherungsvertriebe und positioniert sich zum Vorschlag der EU-Kommission zur Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy) sowie möglichen Provisionsverboten

Aichach, 07.06.2023 – Die sich verdichtende Gemengelage aus nationalen Interessen zur Provisionsbeschränkung bis hin zum Verbot und EU-Initiativen mit ähnlicher Zielrichtung bestärkt die NAG in ihrer grundsätzlichen Haltung, dass sich die Vertriebe der Assekuranz weitgehend neu aufstellen müssen. Gaby Mücke, Vorsitzende der Gewerkschaft erinnert daran, dass in der abgelaufenen Legislaturperiode der heutige Bundeskanzler und seinerzeitige Finanzminister Olaf Scholz vehement für einen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung warb – und scheiterte. „Die politischen Kräfte in Deutschland und Europa, die den Provisionsvertrieb am liebsten verbieten würden, haben noch lange nicht aufgegeben“, sagt die Gewerkschafterin.

Der Vorschlag der EU Kommission sieht einen Maßnahmenkatalog vor, der Kleinanleger/-innen und Verbraucher/-innen stärken, bessere und gerechtere Marktergebnisse fördern und letztlich die notwendigen Voraussetzungen für eine stärkere Beteiligung von Kleinanleger/-innen an den Kapitalmärkten schaffen soll. Geplant sind insbesondere Änderungen bzw. Neuregelungen in den Bereichen Offenlegung von Informationen, Marketingkommunikation, Anreize, Beratung und Eignungsbeurteilungen, Anforderungen an die Produktverwaltung und Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Zwar sei ein generelles Provisionsverbot zunächst nicht in der Richtlinie enthalten, was die NAG begrüße. Doch für Teilbereiche des Marktes könnte die vorgeschlagene Regelung sehr wohl relevant werden. Über das vorgesehene Provisionsverbot bei - in Deutschland weit verbreiteten - beratungsfreien „execution-only“-Geschäften könnte das ursprüngliche Ziel der EU-Kommission eines generellen Provisionsverbots zumindest zum Teil doch verwirklicht werden. Zudem soll das Gesetzespaket nach drei Jahren überprüft werden. Dann will die Kommission die Auswirkungen bewerten und gegebenenfalls nachschärfen – wobei auch das generelle Provisionsverbot nicht vom Tisch ist.

Die NAG tritt dafür ein, die Vertriebe in der deutschen Assekuranz neu aufzustellen: „Die demographische Entwicklung in nahezu allen Vertrieben, insbesondere den Ausschließlichkeitsvertrieben, wichtige Argumente wie die qualifizierte Beratung, Dokumentationsanforderungen, Steuerbarkeit und auch die Enthaftung bei fahrlässigem Fehlverhalten sprechen deutlich für eine Renaissance des Angestellten Außendienstes“, so Mücke. Es bedürfe insbesondere innovativer Vergütungsmodelle, der Festlegung von Arbeitszeitmodellen sowie Vergütung von Fortbildungsmaßnahmen. Zudem müsse das Berufsbild des angestellten Außendienstes für junge Leute deutlich attraktiver werden.

„Die Branche ist ausgesprochen erfolgreich in beharrungsorientierter Lobbyarbeit und der Verdrängung der unausweichlichen demographischen und leider vielfach auch strukturellen Probleme ihrer Vertriebsstrukturen“, schildert Mücke. Nur mit einer alsbald startenden Nachwuchsoffensive, die junge Menschen im Rahmen sicherer Angestelltenverhältnisse mit attraktiven Arbeits- und Einkommensbedingungen an die interessante und wichtige Aufgabe der Vermittlung von Versicherungsprodukten und der damit einhergehenden Kundenberatung heranführe, könne die überfällige Neuausrichtung gelingen.

„Das ist am Ende eine notwendige Weichenstellung für die gesamte Branche“, sagt Mücke. Wenn sich die Unternehmen nicht zeitgemäßer aufstellten, würden sie allen Beharrungskräften zum Trotz auf lange Sicht ihre Zukunft verspielen. Denn dauerhaft werden Eingriffe in die Provisionspolitik der Assekuranz nicht abgewehrt werden können. „Vielmehr muß man der Politik zuvorkommen und der Branche durch kluge Reformen Angriffsflächen nehmen!“, so Mücke. Letztlich stelle sich die Frage, ob der derzeitige Entwurf der Richtlinien-verordnung nicht bereits ein Schritt der Einführung eines Verbots durch die Hintertür und der nächste Schritt zur verpflichtenden Honorarberatung sei.

Hier findet man die PDF-Datei zu dieser Mitteilung.

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